Bücher

Conceptions of Informal Empire. British Policy in the Persian Gulf, 1961-68

(Basingstoke/ New York: Palgrave Macmillan 2013)
ISBN 978-1-137-32672-0

Helene von Bismarcks erstes Buch ist ein Beitrag zu drei verschiedenen Forschungsfeldern: der Geschichte des britischen Weltreiches, der internationalen Geschichte, und der Regionalgeschichte des Nahen und Mittleren Ostens. Das Buch untersucht Großbritanniens Politik im erdölreichen Persischen Golf im Zeitraum zwischen der Unabhängigkeit Kuwaits im Juni 1961 und der Entscheidung der britischen Regierung im Januar 1968, sich militärisch vollständig aus den Gebieten östlich des Suezkanals zurückzuziehen. Es ist eine Studie der inneren Logik und der Methoden des britischen Imperialismus zu einer Zeit, als große Teile der europäischen Weltreiche den Dekolonisationsprozess durchlebten oder sogar schon abgeschlossen hatten. Anstatt zu fragen, warum Großbritannien sich letztendlich aus der Golfregion zurückzog, analysiert Helene von Bismarck, wie die Briten ihre weitreichenden wirtschaftlichen und strategischen Interessen dort sicherten, bevor es zum Rückzug kam. Für den Großteil der 1960er Jahre wurde Großbritanniens Golfpolitik nicht von der Unvermeidlichkeit der Dekolonisation, sondern von einem zentralen Dilemma bestimmt: wie konnte man das britische informal empire im Golf aufrechterhalten, ohne nach außen hin allzu imperialistisch zu wirken? Die Beantwortung dieser Frage kam einer Quadratur des Kreises gleich.

Die britischen Entscheidungsträger definierten Großbritanniens Rolle im Golf als interdependentes System aus militärischen Präsenz, vertraglich zugesicherten Vorrechten und politischer Einflussnahme. Dieses System schloss die konstitutionell abhängigen Länder Bahrain, Qatar und die sieben Trucial States (die heutigen Vereinigten Arabischen Emirate) genauso ein, wie die formell unabhängigen Staaten Kuwait und Oman. Die kleinen Golfstaaten verfügten über einen enormen Reichtum an natürlichen Ressourcen, aber sie waren durch die Ambitionen der größeren Anrainerstaaten des Golfs, Saudi Arabien, Irak und Iran extrem gefährdet. Aus Sicht der britischen Regierung bildete der Persische Golf ein Machtvakuum, das von Großbritannien ausgefüllt werden musste. Die enormen Profite, die Ölfirmen wie British Petroleum (BP) und Royal Dutch Shell im Golf machten, kamen Großbritanniens Zahlungsbilanz in signifikanter Weise zugute. Die britischen Entscheidungsträger hofften zwar auf die grundsätzliche Unterstützung der US Regierung, versuchten aber eine direkte Einflussnahme der Amerikaner auch das Tagesgeschäft der kleinen Golfstaaten zu vermeiden. Die größte Herausforderung für Großbritannien war es, die ungestörte Ölproduktion im Golf und den Verkauf des Öls in den Westen zu günstigen Konditionen zu gewährleisten, ohne die Aufmerksamkeit der arabischen Nationalisten oder der Vereinten Nationen auf sich zu ziehen.

Die britische Macht im Persischen Golf hing vom Vertrauen und der Kooperation der lokalen Herrscher ab. Wenn ein Herrscher sich kategorisch weigerte, mit Großbritannien zusammenzuarbeiten, was in Sharjah 1965 und in Abu Dhabi 1966 geschah, organisierte die britische Regierung heimlich seinen Sturz und ersetzte ihn mit einem anderen Mitglied der jeweiligen Herrscherfamilie. Helene von Bismarck beweist und erklärt in ihrem Buch als erste die Beteiligung der britischen Regierung bei den Absetzungen der Shaikhs Saqr bin Sultan Al-Qasimi von Sharjah, und Shakhbut bin Sultan Al-Nahyan von Abu Dhabi.

Conceptions of Informal Empire beruht größtenteils auf Recherchen in den National Archives des Vereinigten Königreichs in Kew bei London. Die National Archives and Records Administration der USA in College Park, Maryland, wurden als zusätzliche Quelle genutzt.

Das Buch ist in zahlreichen einschlägigen Fachzeitschriften positiv besprochen worden, u.a. im American Historical Review (PDF), dem Journal for British Studies (PDF), dem Middle East Journal (PDF), dem Journal of Arabian Studies (PDF), Diplomacy and Statecraft, Middle Eastern Studies und Asian Affairs.

Margaret Thatcher, Jacques Delors und die europäische Integration in den 1980er Jahren (Arbeitstitel)

Helene von Bismarcks neues Forschungsprojekt setzt sich mit zwei zentralen Figuren der europäischen Integrationsgeschichte auseinander: Großbritanniens Premierministerin Margaret Thatcher und dem Präsidenten der europäischen Kommission, Jacques Delors. Die 1980er Jahre, als sowohl Thatcher als auch Delors im Amt waren, stellten eine entscheidende Entwicklungsphase für die Europäische Gemeinschaft dar. Der Stillstand, der die 1970er Jahre gekennzeichnet hatte, wurde nun durch eine Serie weitreichender integrativer Maßnahmen abgelöst, die letztendlich zu den Maastrichter Verträgen von 1991 führten. Jacques Delors ist oft als treibende Kraft  und Verkörperung dieses Prozesses hin zu mehr Integration wahrgenommen worden. Margaret Thatcher dagegen ist vielen vor allem als Störfaktor der europäischen Einigung in Erinnerung, nicht zuletzt wegen ihrer deutlichen und öffentlichen Herablassung gegenüber jeder Form von „Euroenthusiasmus“.

Ziel dieses Forschungsprojektes ist es, ein differenzierteres Bild zu zeichnen, und zwar sowohl von der Beziehung zwischen Thatcher und Delors, als auch von der Rolle, die sie jeweils im europäischen Integrationsprozess gespielt haben. Helene von Bismarck setzt sich mit folgenden Fragen auseinander: Inwiefern wurden Thatchers und Delors‘ Ansichten zum Thema Europa von ihrer Begeisterung für freie Märkte und Deregulierung, und von seinem Hintergrund als Katholik und Mitglied der französischen sozialistischen Partei geprägt? Überwogen bei der Entwicklung ihrer jeweiligen Pläne und Strategien für Europa ihre innere Überzeugung oder profaner Pragmatismus?  Wie und warum veränderten sich ihre Europaideen mit der Zeit? Standen diese Ideen immer im Widerspruch zueinander, oder gab es eine Zeit, in denen Thatchers Ziele sich mit denen Delors‘ überschnitten? Um diese Fragen aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten, untersucht Helene von Bismarck englische, französische, deutsche und italienische Quellen für dieses Projekt, u.a. Akten aus Regierungsarchiven, Erinnerungen und Interviews. Sie schreibt das Buch in englischer Sprache.